Anders lernen auf dem Nordsee-Campus
Begabtenförderung: Dafina berichtet von der JuniorAkademie in St. Peter - Ording 2016
Sich in St. Peter-Ording freiwillig zwei Ferienwochen lang mit gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Fragen auseinandersetzen - die meisten Teilnehmer der JuniorAkademie (JuAk) ernteten wohl komische Blicke, als man sie nach ihrer Sommerferiengestaltung fragte.
Denn viele Jugendliche setzen die JuAk mit „Schule“ gleich, es bestehen jedoch grundlegende Gegensätze zwischen einem Schulalltag und den Arbeits- und Lernmethoden in der JuniorAkademie.
Die Akademie ist eine Förderakademie für leistungsstarke, motivierte und ehrgeizige SchülerInnen der Jahrgangsstufen 8 - 10 aus Schleswig-Holstein und Hamburg und ermöglicht eine Begegnung mit Gleichaltrigen, die ebenso ausgeprägte Fähigkeiten und Interessen in verschiedenen Bereichen besitzen. Insgesamt wurden für 109 Schüler (68 aus Schleswig-Holstein und 41 aus Hamburg) neun Kurse angeboten, die allesamt unter dem Leitthema „Brücken bauen - Weichen stellen“ standen.
Die erste Einführung in die Kursarbeit erhielt ich bei meinem Vorbereitungstreffen an der Uni Kiel am 04.06.2016. Schon beim Kennenlernen unseres buntgemischten Journalismuskurses (acht Mädchen, vier Jungen und den zwei sehr engagierten und humorvollen Kursleiterinnen) wurde mir klar, dass die zwei Wochen eine aufregende und lehrreiche Erfahrung sein würden.
Sechs Wochen später, am 24.07., war es dann soweit: der offizielle Beginn der diesjährigen JuniorAkademie in St. Peter-Ording.
In meinem gewählten Kurs wurden wir zunächst einmal in die Grundzüge des Journalismus’ und des Grafikdesigns’ eingeführt. Das Ziel des Kurses war es in den zwei Wochen selbsttätig zu einem selbstgewählten Thema eine „Infografik“ zu erstellen. Dazu wurde uns das erforderliche Fachwissen vermittelt. Sachliche Grundlagen wurden geschaffen: Recherche, Bildbearbeitung und Fotografie haben wir aus einer sehr interessanten, neuen Perspektive betrachtet. Der Umgang mit Digitalkameras und digitalen Zeichenprogrammen wurde ebenso erlernt. Für unsere Recherche führten wir Interviews, Umfragen und Telefonate. Im Laufe weniger Tage wurden aus kreativen Ideen und Gedanken Texte, Bilder und Grafiken. Ein schöner lehrreicher Prozess, mit großem Engagement unterstützt durch die energievolle Kursleitung Nicole Krohn und Ann-Christin Baßin.
Neben der fachlichen Kursarbeit wurde der Akademiealltag durch zahlreiche frei wählbare kursübergreifenden Angebote (küA’s) aus den Bereichen Musik, Sport und Kunst ergänzt. Noch vielfältiger wurde das küA-Angebot, da je nach Interesse und Engagement auch die Schüler selber dabei Musikalisches, Künstlerisches und Sportliches mitgestalten konnten. Diese Gelegenheit habe ich mir nicht entgehen lassen und gemeinsam mit einer anderen Schülerin im Bereich Sport eine Handball-küA angeboten. Dabei haben wir unseren geliebten Sport erstmalig aus der Trainer-Perspektive betrachtet und waren von der Motivation, der Wertschätzung und der Spielfreude der Teilnehmer sehr begeistert.
Der Alltag war mit vielen attraktiven, zum Teil parallel laufenden Angeboten ausgefüllt. Es galt daher, die eigene Zeit nicht allzu sehr zu verplanen, sondern eine sinnvolle Auswahl zu treffen, damit auch Raum für Entspannung und Erholung blieb. Dafür boten St. Peter-Ording und der direkt an den Dünen grenzende „Campus Nordsee“ ideale Möglichkeiten. Mit dem Fahrrad waren die anderen Teile St. Peter-Ordings problemlos zu erreichen, wie auch der wunderschöne, kilometerlange Strand, an dem wir an unserem freien Sonntag sogar Gelegenheit für eine Wattwanderung mit Führung hatten.
Der unmittelbare Austausch mit verschiedensten Schülern wurde durch das breite Angebot an Kursen in der Akademie ermöglicht. Täglich unterhielt man sich mit anderen Personen, die alle trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere eines gemeinsam hatten: Meinungsstärke und Diskussionsfreudigkeit. Das führte zu verschiedenen, wirklich interessanten Unterhaltungen und auch zu Diskussionen über streitbare Themen.
Die zwei Wochen Akademie vergingen rasend schnell und so langsam stand auch schon die Abschlusspräsentation am 06.08.2016 an, die noch organisiert und ausschließlich von Schülern moderiert werden sollte. Die Auswahl der Moderatoren erfolgte durch eine Auswahlrunde, bei der insgesamt 15 Schüler von ihren Kursleitern vorgeschlagen und letztendlich fünf Schüler ausgewählt wurden. Von meinen Kursleitern für die Auswahlrunde vorgeschlagen und zu den fünf ausgewählten Moderatoren zählend, war es dann meine Aufgabe die Podiumsdiskussion am Tag der Abschlusspräsentation zu moderieren. Eine herausfordernde Verantwortung, auf die ich aber sehr gespannt war.
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren Annette Schwarz, als Vertreterin der Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg, Dirk Gronkowski, als Vertreter des Ministeriums für Schule und Berufsbildung Schleswig-Holstein, Peter Wenners, der Akademieleiter, und sechs teilnehmende Schüler.
Die Leitfrage der Podiumsdiskussion lautete: „Welche Arbeitsweisen, Methoden und Ideen der JuniorAkademie können auf die Schule übertragen werden und in welcher Weise müsste sich dafür der Schulunterricht verändern?“
Eine 45-minütige sehr lebendige und aufschlussreiche Diskussion, bei der sich alle überzeugend eingebracht haben, entwickelte sich. Beim Feststellen der Unterschiede zwischen Schule und JuniorAkademie wurde mir die beeindruckende Arbeitsatmosphäre in St. Peter-Ording zum wiederholten Male vor Augen geführt. Denn dort wurde in kleinen Lerngruppen sehr individuell und selbstständig mit großem Freiraum gearbeitet. Grundvoraussetzung dafür war die sehr ausgeprägt vorhandene Motivation der Schüler und Kursleiter, die allesamt freiwillig teilnehmen. Es herrschte dadurch ein ganz besonderes Gemeinschaftsgefühl. Alle Teilnehmenden begegneten sich ungezwungen, man entwickelte sehr gute Beziehungen zueinander und alles wurde gemeinsam erlebt: das Arbeiten, die küA’s, das Essen und die Freizeit.
Mich persönlich beeinflusst hat das große Mitspracherecht über Kursinhalte, küA’s und die Freizeitgestaltung, das meiner Meinung nach einen beträchtlichen Anteil an dem stark ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl ausgemacht hat. All diese Faktoren führten zu einem ganz anderen Lern- und Arbeitsklima, das mir gezeigt hat, wie vielseitig Lernen sein kann.
Die zwei Wochen Ferienakademie waren für mich eine sehr intensive und prägende Zeit. Ich wurde vor neue Herausforderungen gestellt, blickte weit über meine bisherige Erfahrungswelt hinaus, entdeckte die ein oder andere verborgene Vorliebe für neue Themenfelder und lernte viele verschiedene Leute kennen. Freundschaften wurden geschlossen, noch mehr Neugierde erweckt, Fähigkeiten weiter ausgebaut und vertieft. Es wurde über den Tellerrand geschaut und sich mit globalen Themen aus verschiedenen Perspektiven auseinandergesetzt. So viele verschiedene Eindrücke in so kurzer Zeit führten zu einem tränenvollen Abschied mit ganz vielen Umarmungen und gegenseitigem Versprechen in Kontakt zu bleiben.
Eine spannende und unvergessliche Zeit, bei der ich nicht nur interessante Erkenntnisse und gute Anregungen in der Kursarbeit erlangt habe; auch persönlich hat mich die Teilnahme sehr viel weitergebracht.
Insgesamt eine tolle, wertvolle Erfahrung, die mir immer in Erinnerung bleiben wird und auf die ich sogar ein wenig stolz zurückblicken kann.
Ich kann und möchte daher jedem Schüler diese Teilnahme empfehlen, wenn er die Möglichkeit dazu bekommt.
Dafina Berisha (ehem. 10a, nun S1)